Fragen und Antworten zum Bahnhofsareal in Memmingen

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Eine Kurzfassung dieser Fragen und Antworten ist auch als Flyer (zweiseitiges PDF) verfügbar.

Das Bahnhofsareal liegt schon seit vielen Jahren brach. Ist jetzt nicht ein schnelles Vorankommen wichtig? Ist es in dieser Situation zu verantworten, die Entwicklung des Gebiets durch eine Neuplanung weiter zu verzögern?

Durch eine Neuplanung verschiebt sich der Baubeginn um einen überschaubaren Zeitraum. Die Umgestaltung des Schrannenplatzes und Elsbethenareals ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch größere Projekte zügig realisiert werden können.

Was jetzt geplant und gebaut wird, wird die Situation in dem Quartier über Jahrzehnte bestimmen. Nachteilige Folgen einer bestimmten Konzeption werden sich entsprechend lange auf die Memminger Innenstadt auswirken. In diesem Zusammenhang sei an das Maxx-Forum (früher „Maxi-Center“) erinnert, das seit vielen Jahren mit Problemen kämpft.

Deshalb lohnt es sich, eine überschaubare Verzögerung des Planungsfortschritts in Kauf zu nehmen, um anschließend lange Zeit von einem besseren Ergebnis zu profitieren.

Der bisherige Vorbereitungsprozess dauerte auch deshalb so lange, weil zunächst die Grundstücke durch die Memminger Wohnungsbau eG und die Stadt Memmingen erworben werden mussten. Dies ist nun abgeschlossen und muss kein zweites Mal erledigt werden.

Die Sanierung des Bahnhofsareals wird bereits seit vielen Jahren vorbereitet. Warum kommt Ihre Initiative erst jetzt, zu einem so späten Zeitpunkt?

Mangels ernsthafter Bürgerbeteiligung (vergleiche die Feststellung der Memminger FDP im Sommer 2017, dass kein Außenstehender den Sachstand der Planungen kenne und die Bürger nicht gehört worden seien) wurde einer breiten Öffentlichkeit erst im Frühjahr 2018 bekannt, was baulich konkret auf dem Bahnhofsareal vorgesehen ist.

Relativ schnell nach Bekanntwerden der Planungen formierten sich kritische Bürgerinnen und Bürger und strengten aufgrund der für Memmingen unbefriedigenden Sachlage ein Bürgerbegehren an, das das bisherige Verfahren in Frage stellt.

Wie bewerten Sie die vorliegenden Pläne?
  • Die aktuelle Planung sieht zur Bahnhofstraße hin (gegenüber der MeWo-Kunsthalle) eine unschöne geschlossene Front vor, die großenteils aus Einfahrten zur Tiefgarage und Toren für den LKW-Zulieferverkehr besteht.

 

  • Es ist sehr fraglich, ob die Erschließung des Geländes über die Bahnhofstraße in der vorgesehenen Form umgesetzt werden kann, ohne dass es zu größeren Problemen kommt. Bereits heute staut sich der Verkehr auf der Bahnhofstraße regelmäßig von der Maximilianstraße zurück bis zur Kalchstraße und sogar darüber hinaus. Vorgesehen sind sowohl die Belieferung des Supermarkts als auch die Ein- und Ausfahrt zu einer Tiefgarage mit knapp 330 Stellplätzen zur Bahnhofstraße hin. Da die Tiefgaragenstellplätze auch für Kunden des Supermarkts vorgesehen sind, ist von einer hohen Fluktuation auszugehen. Es soll ein Verkehrsgutachten geben, das behauptet, die Verkehrssituation könne bewältigt werden. Dieses Gutachten wurde bislang jedoch nicht veröffentlicht.

 

  • Der größte Teil des Geländes zwischen Rosengasse und Kalchstraße wird im vorliegenden Entwurf im Erdgeschoss lückenlos bebaut ohne eine für Altstädte und besonders für Memmingen ansonsten typische Durchwegung.

 

  • Die gewerbliche Nutzung dominiert im vorliegenden Entwurf. Deshalb ist zu befürchten, dass das Viertel abends nach Geschäftsschluss und nachts weitgehend unbelebt sein wird, was mit Gefahren verbunden ist.

 

  • Durch den Grundstücksverkauf wird ein besonders wertvoller Grundbesitz der Stadt Memmingen aus der Hand gegeben. Damit schwinden auch die Möglichkeiten der Stadt, auf die weitere Entwicklung des Areals Einfluss zu nehmen.

 

  • Wie wir auf unserer Internetseite zukunft-bf4.de unter dem Menüpunkt „irreführende Darstellung“ dargelegt haben, stimmt die vom Investor Ten Brinke vorgelegte Visualisierung der Ansicht von der Bahnhofstraße nicht mit den vorgelegten Plänen überein: Die Anlieferungszone für den geplanten Supermarkt sowie die Ein- und Ausfahrt der Tiefgarage sind auf der Visualisierung nicht dargestellt. Das lässt Zweifel an der Verbindlichkeit der vorgelegten Unterlagen insgesamt aufkommen. Es erscheint möglich, dass die tatsächlich realisierte Architektur noch in weiteren Punkten von den vorgelegten Unterlagen abweichen würde.
Wie bewerten Sie das bisherige Verfahren?

Die Entscheidung, das gesamte Bahnhofsareal in Einem zu verkaufen und hierfür einen Investorenwettbewerb auszuschreiben, ist nach unserer Wahrnehmung ursächlich für viele der nun zu Tage tretenden Probleme.

Die Auswahl unter den im Rahmen des Wettbewerbs eingereichten Entwürfen wurde im Entscheidungsgremium getroffen ohne Beteiligung der Öffentlichkeit.

Außerdem hatte die Entscheidung für einen Investorenwettbewerb zur Folge, dass die grundsätzliche Konzeption für eine Neugestaltung des Bahnhofsareals durch die von den Investoren eingereichten Entwürfe vorgegeben war.

Wir halten das für den falschen Weg.

Nach unserer Ansicht sollte die Stadt zunächst mit dem empfohlenen externen Fachgremium, unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der Öffentlichkeit und evtl. im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs konkret bestimmen, wie das Gelände im Einzelnen genutzt und entwickelt werden soll, und anschließend die Realisierung der konkreten Konzeption ausschreiben.

Im laufenden Verfahren wurden zwar allgemeine Vorgaben für die Neugestaltung des Areals gemacht; diese werden nach unserer Ansicht im vorgelegten Entwurf jedoch nur unzureichend erfüllt.

Zu beachten ist auch, dass bei der Bewertung der Entwürfe 35 % der Bewertung auf den vom Bewerber gebotenen Grundstückskaufpreis entfiel. Das bedeutet: Ein Bewerber, der einen höheren Kaufpreis zu zahlen bereit war, konnte dadurch seine Platzierung im Wettbewerb verbessern.

Welche Alternativen schlagen Sie vor, wenn das Bahnhofsareal nicht wie derzeit vorgesehen durch den niederländischen Investor Ten Brinke bebaut werden soll?

Für eine geänderte Planung fordern wir ein transparentes und öffentliches Verfahren der Entscheidungsfindung unter Beteiligung aller betroffenen Interessengruppen, insbesondere auch der Bürgerinnen und Bürger, sowie eine Begleitung des Prozesses durch ein unabhängiges Fachgremium.

Ein solches Verfahren stellt sicher, dass alle wesentlichen Punkte mit den Betroffenen diskutiert werden und niemand „vor vollendete Tatsachen gestellt“ wird. Durch die Beteiligung erfahrener Fachleute in einem beratenden Gremium werden die Erkenntnisse der Fachwelt aus Architektur und Städtebau bei einer Neugestaltung des Areals angemessen mit einbezogen.

Wir sind überzeugt davon, dass ein transparentes und von Fachkenntnis begleitetes Verfahren wie vorstehend beschrieben zu nachhaltig tragfähigen Lösungen führen wird. Insofern möchten wir nicht vorschnell vorgeben, wie eine Neukonzeption für die Entwicklung des Gebiets genau auszusehen hat.

Wir sehen jedoch einige Ansätze, um zu besseren Lösungen zu gelangen:

  • Anstelle eines Verkaufs des gesamten Areals an einen einzigen Investor könnten einzelne Teilbereiche von verschiedenen Unternehmen entwickelt werden. Dies könnte es auch ermöglichen, dass Akteure und Wohnbaugesellschaften aus der Region auf dem Areal tätig werden. Die städtebauliche und architektonische Kompatibilität der einzelnen Vorhaben würde in einem zentralen Planungsprozess sichergestellt. Auch ggf. erforderliche Kooperationen wie beispielsweise beim Bau einer gemeinsamen Tiefgarage stehen diesem Ansatz nicht im Wege.
    Nach einem Bericht der Memminger Zeitung vom 12. Februar 2019 wäre die VR-Bank Memmingen eG daran interessiert, mit bis zu 3.000 Quadratmetern Nutzfläche auf das Bahnhofsareal umzuziehen. Dies scheiterte bisher daran, dass Ten Brinke nur vermieten, die VR-Bank jedoch nur kaufen möchte. Würde das Areal neu beplant, könnte die VR-Bank in Zusammenarbeit mit einem Bauträger die benötigten Flächen selbst schaffen.

 

  • Der Schwerpunkt der vorliegenden Konzeption liegt auf Gewerbeflächen, was unseres Erachtens durch die Gewinnerzielungsabsicht des Investors begründet ist.
    Ten Brinke plant den Bau von etwa 4.500 Quadratmetern Einzelhandelsfläche und gut 1.600 Quadratmetern Gewerbefläche für Büros und Dienstleistungsbetriebe. Die Gesamtverkaufsfläche der Memminger Altstadt würde so um fast zehn Prozent vergrößert. Das ist angesichts der bereits vorhandenen Leerstände in der Innenstadt problematisch.
    Auch ist nicht gesichert, dass nicht z. B. aufgrund hoher Mieten eines Tages sogar Leerstände oder Mindernutzungen in den neuen Gewerberäumen auftreten. Und es erscheint denkbar, dass eines Tages aus wirtschaftlichen Gründen weitere Flächen in Verkaufsflächen für den Einzelhandel umgewidmet werden. In einem Text der Wettbewerbsvorbereitung heißt es zu Anforderungen an die Neubebauung:
    „Der Stadt Memmingen ist bewusst, dass sich projektorientierte Nutzungen im Zeitverlauf ändern können und eine ständige Marktanpassung aus Betreibersicht notwendig ist. Deshalb und aufgrund der Lage des Erwerbsgrundstücks in einem zentralen Versorgungsbereich sollen keine Einzelhandelssortimente per se ausgeschlossen werden.“

    Andererseits stellt das Gelände eine attraktive Wohnlage dar: Bahnhof und zentraler Omnibusbahnhof befinden sich in unmittelbarer Nähe. Durch die Elektrifizierung der Bahnlinie München-Lindau wird der Bahnhof Memmingen aufgewertet. Zentrales und barrierefreies Wohnen an dem Standort machen es leicht, ohne Auto auszukommen. Das ist sowohl für junge als auch für ältere Menschen interessant, die ohne Auto mobil sein wollen.
    Eine Internet-Umfrage der Memminger FDP im Sommer 2017 ergab, dass die größte befragte Altersgruppe unter Anderem „junges und bezahlbares Wohnen“ im Vordergrund ihrer Interessen sieht.
    Die Bevölkerungszahl in der Altstadt ist von früher ungefähr 12.000 Einwohnern auf heute noch 3.500 Einwohner gesunken. Für eine lebendige Innenstadt und eine Stabilisierung der Wirtschaftsstruktur in der Altstadt ist es wünschenswert, die Einwohnerzahl Schritt für Schritt wieder zu erhöhen.

    Aus diesen Gründen schlagen wir eine Verschiebung des Schwerpunkts der Konzeption in Richtung einer vorrangigen Wohnnutzung vor.

 

  • Unmittelbar gegenüber dem Bahnhofsareal befindet sich die MeWo-Kunsthalle. Eine Option wäre, dass Einrichtungen mit Bezug zum Thema „Kultur“ auf dem Bahnhofsareal inhaltlich daran anknüpfen.

 

  • Im vorliegenden Entwurf wird der größte Teil des Geländes im Erdgeschoss lückenlos mit einem Supermarkt und angrenzenden Gewerbeflächen bebaut.
    Der einzige verbleibende Ort für ein Verweilen ohne Konsumzwang an der Rosengasse wird durch eine hohe Bebauung im Süden (entlang der Maximilianstraße) verschattet.
    Der Stadtrat formulierte als Anforderungen an die Neubebauung des Areals unter Anderem einen „attraktiven Stadteingang mit Wegebeziehungen zur Altstadt“ sowie eine „Belebung des Quartiers und des gesamten Umfelds“. Beiden Zielen könnte durch eine geänderte Planung besser entsprochen werden als es im vorliegenden Entwurf der Fall ist.
Die Initiative Zukunft Bf/4 fordert eine Bürgerbeteiligung. Die Bürger wurden aber doch schon beteiligt: Im Sommer 2014 fand eine Informationsveranstaltung zum Thema Bahnhofsareal in der Stadthalle statt! Außerdem flossen die Ergebnisse einer Bürgerbefragung in den Planungsprozess ein.

Was in diesem Zusammenhang als „Bürgerbeteiligung“ bezeichnet wird, war eine reine Information der Bürgerinnen und Bürger über die Planungen, keine Beteiligung an den Entscheidungen.

Die Informationsveranstaltung im Jahr 2014 fand überdies am ersten Ferientag der Sommerferien statt, zu einer Zeit, in der das Interesse an öffentlichen Veranstaltungen allgemein gering ist. Auf dieser Veranstaltung durften die Teilnehmenden ergänzende Anregungen zum Auslobungstext einbringen.

Die im Frühjahr 2012 durch eine private Beratungsfirma durchgeführte Passantenbefragung ermittelte lediglich die Einkaufsziele der Befragten, ihre Bewertung des Memminger Einzelhandelsangebots nach Branchen und der Parksituation. Befragt wurden 219 Personen, von denen 99 aus Memmingen stammten.

Der folgenschwere Entschluss, das gesamte Areal an einen Investor zu verkaufen und dafür einen Investorenwettbewerb auszuschreiben, wurde Ende 2012 im Stadtrat gefasst. Auch alle weiteren Entscheidungen fielen im Entscheidungsgremium oder im Stadtrat.

Ziel der Verwaltung war es zunächst, auf dem Gelände ein großes Einkaufszentrum entstehen zu lassen. Die Stadtkämmerei und nicht das Stadtplanungsamt hatte und hat die Federführung. Ein Einkaufszentrum konnte aufgrund der Vorgaben für den Investorenwettbewerb verhindert werden. Eine Lenkungsgruppe legte die Rahmenbedingungen für den Investorenwettbewerb fest, die dann im Oktober 2014 in nicht öffentlicher Sitzung vom Stadtrat beschlossen wurden.

Die Bürgerinnen und Bürger wurden nicht gefragt, ob sie einen Verkauf des gesamten Grundstücks an einen Investor und einen Investorenwettbewerb (anstelle eines städtebaulichen Wettbewerbs) für den richtigen Weg halten.

Laut einem Bericht der Memminger Zeitung vom Juni 2017 stellte die Memminger FDP damals auf ihrer Jahresversammlung fest, dass „kein Außenstehender den Sachstand um die künftige Gestaltung des (…) Bahnhofsareals kenne.“ Zu keinem Zeitpunkt seien die Bürger gehört worden.

Sie schlagen die Beteiligung eines unabhängigen Fachgremiums aus Experten der Bereiche Architektur und Städtebau vor. Weshalb halten Sie ein solches Fachgremium für erforderlich und was soll dieses Gremium zum Planungsverfahren beitragen?

Die bisherige fachliche Beratung erfolgte in der Hauptsache durch stadtinterne Gremien.
Als hilfreich und zielführend hat sich in vielen anderen Städten die Hinzuziehung eines externen, unabhängigen Fachgremiums erwiesen, zumal bei einer Maßnahme in dieser Größenordnung.